Aufrecht durchs Leben: Die besten Übungen gegen Haltungsschwäche bei Kindern!

Haltungsprobleme bei Kindern sind leider keine Seltenheit mehr heutzutage.

Aber wen wundert das? Spätestens seit der Pandemie ist klar, dass die meisten Kinder sich viel zu wenig bewegen. Dazu kam, dass Eltern mir erzählten, dass z.B. im virtuellen Turnunterricht eher erzählt und erklärt wurde anstelle einfach mal ein bisschen mit den Kindern vor dem Bildschirm herumzuhüpfen.

Von Rundrücken über skoliotische Fehlhaltungen bis hin zu Spannungskopfschmerzen - das Repertoire der Symptome ist sehr groß. Viele Kinder, die eine schlechte Haltung haben, sitzen fast ausschließlich im W-Sitz. Für mich ein Zeichen für eine schwache Mitte und somit eine Haltungsschwäche.

Können alltäglichen Aktivitäten der Kinder zu Haltungsproblemen führen?

Ja, wenn Kinder immer wieder in denselben Haltungen verharren und das stundenlang, dann kann das langfristig Konsequenzen haben. Kinder haben zwar viel mehr Potenzial solche Dinge auch wieder zu verändern, weil sie eben nicht wie wir Erwachsene schon seit Jahrzehnten in ihren Mustern hängen, aber es erfordert trotzdem Übung. Je älter wir werden, desto schwieriger ist es, Gewohntes zu verändern. Meist braucht es erst Schmerzen oder so etwas, um wirklich etwas zu ändern.

Solche einseitigen Belastungen beim Sitzen oder unzureichende Bewegung können zu Muskelungleichgewichten und damit zu Fehlhaltungen führen. Die Digitalisierung hat das Ganze sicher nicht verbessert - im Gegenteil - der Handynacken ist wahrscheinlich bald eine Diagnose auf der ärztlichen Überweisung.

Alles Extreme ist meiner Meinung nach ungesund. Wenn ein Kind z.B. auch im Schulkindalter fast ausschließlich im W-Sitz sitzt, dann ist das ungesund, denn es hat keine anderen Optionen für sich entdeckt. Wenn ein Kind jeden (zweiten) Tag stundenlang klettern geht und Überhänge klettert, ist das auf Dauer (bei fehlendem Ausgleich) auch ungesund, denn viele zeigen dann einen Rundenrücken.

Es geht also auch hier immer um die Balance und den Ausgleich. Die Dosis macht das Gift, wie es so schön heißt.

Beim sogenannten Lot gehen wir davon aus, dass beim aufrechten Stand das Ohr in der Linie nach unten, über Schulter und Becken, auf Höhe des Außenknöchels ist.

Abweichungen gibt es viele:

• Rundrücken
• Stiernacken - wird wahrscheinlich bald zum Handy-Nacken umgetauft werden
• Hohlkreuz
• durchgestreckte Knie im Stand
• Asymmetrien - z.B. in der Taille oder bei den Schultern/ Nacken
• Asymmetrien bei den Füßen/ Achillessehnen
• unterschiedlich abgelaufene Schuhe

Für eine gute Haltung braucht es eine starke Mitte.

Diese Mitte beinhaltet die Rückenmuskulatur, die Bauchmuskulatur, den Beckenboden, ebenso wie das Zwerchfell. Alle diese Muskeln und Strukturen müssen in Balance sein, um sich mit Leichtigkeit aufrecht zu halten.

Ich sehe sehr oft, dass schon Schulkinder völlig aus dem Lot geraten sind. Der Körper und einzelne Muskelpartien müssen dann eine extreme Mehrarbeit leisten und oft Funktionen übernehmen, für sie gar nicht vorgesehen sind. Was dann wieder zu Verspannungen und Fehlhaltungen führt.

Bei vielen Kindern (aller Altersgruppen) sieht man ein Hohlkreuz im Rücken und einen ausladenden Bauch (also vorgewölbten Bauch) auf der Vorderseite. Der Rücken hat zu viel und der Bauch zu wenig Spannung. Der Rücken muss den ganzen Tag ausgleichen, was der Bauch nicht “halten” kann. Diesen Kindern fehlt es vor allem an Ausdauer. Sie gehen meist nicht gern längere Strecken oder werden schnell müde.

Oft zeigen sich auch Schwierigkeiten in der Schule, weil die Kinder nicht stundenlang ruhig sitzen können. Es ist schwer sich zu konzentrieren oder z.B. die richtige Dosis beim Stiftgebrauch zu finden.

Wir können die Digitalisierung nicht aufhalten, aber wir können unseren Kindern einen gesunden Umgang mit den Medien aller Art mitgeben bzw. beibringen. Aber das ist gar nicht so leicht.

Hand auf Herz: Wie oft nimmst du am Tag dein Handy in die Hand? Wie oft bist du schon fast in eine Laterne oder einen anderen Menschen gelaufen, weil du gerade wieder was am Handy schauen musstest?

Immer mehr Kinder zeigen eine auffällige Haltung und daran ist das Handy sicher, unter anderem, mit schuld. Ich bin mir gerade gar nicht sicher, was zurzeit so das Durchschnittsalter für den Handystart ist.

Dabei würde es schon einen großen Unterschied machen, wenn dein Kind z.B. mit dem Handy ab und zu mal am Boden auf dem Bauch liegt, anstelle auf der Couch zu fläzen.

In der Entwicklung gesunder Körperhaltung bei Kindern spielt regelmäßige Bewegung eine essenzielle Rolle. Durch körperliche Aktivitäten werden die Muskeln gestärkt und so die Wirbelsäule unterstützt, was dazu beiträgt, Haltungsproblemen nachhaltig vorzubeugen.

Besonders in der heutigen Zeit, in der Kinder oft stundenlang vor Bildschirmen verharren, ist es wichtiger denn je, regelmäßige Bewegung in den Alltag zu integrieren.

Durch gezielte Übungen und Spiele kann spielerisch die Freude an Bewegung geweckt werden, was langfristig Haltungsschwäche und damit verbundene Probleme mindern kann.

Mit Kindern übe ich nicht wie mit Erwachsenen, denn sie haben viel mehr Spaß, wenn die Maßnahmen in Spielen oder Alltagsaktivitäten verpackt sind. Es kommt dabei nicht darauf an, dass man das immer eine halbe oder eine Stunde macht - sondern dass es regelmäßig passiert und sich als Routine im Alltag etabliert.

#1 - Pezziball statt Sessel/ Stuhl

Auch auf einem Pezziball kann man sich krumm hinsetzen, trotzdem ist dein Kind viel aktiver als wenn auf einem herkömmlichen Stuhl sitzt.

#2 - täglich eine Weile im Reitsitz auf einem (geeigneten) Stuhl

Diese Haltung bringt die Hüften in eine gute Position und lässt somit die Aufrichtungsmuskulatur, z.B. am Hintern aktiv werden. Die Lehne des Stuhles sollte so hoch sein, dass sich dein Kind vorn gut aufstützen kann. Automatisch hat man eine aufrechte Haltung, ohne viel Anstrengung.

#3 - 1 Stunde Motorikpark

Neben dem Pezziball meine zweitliebste Empfehlung, denn im Motorikpark findest du alles, was es braucht, um die Aufrichtungsmuskulatur deines Kindes (und deine eigene 😉) optimal zu trainieren. Alles was wackelt und unberechenbar (Netze oder frei hängende Elemente) ist super dafür geeignet. Denn man kann nicht schummeln, wie sonst so oft im Alltag.

Davon halte ich so gar nichts, denn das ist ein passives Konstrukt, bei dem die Muskeln nicht wirklich aktiv werden können.

Vor allem, wenn sonst nichts passiert. Der Körper steckt in einem Muster - in einer Dysbalance und die bekommst du mit dem Ding sicher nicht verändert.

Also bitte weg damit und aktiv etwas tun!

Meiner Meinung nach wird oft falsch “trainiert”. Und ich dehne meist mit den Kindern nicht im klassischen Sinne, wie du es vielleicht von den Sportler:innen kennst. Vieles lässt sich allein mit verschiedenen Ausgangsstellungen schon beeinflussen.

Du kannst keine Muskeln nachhaltig trainieren, wenn andere permanent angespannt sind und dich immer wieder in die Fehlstellung “zurückziehen”.

Für mich kommt also die Entspannung der Muskulatur zuerst und erst dann die Aktivierung/ Kräftigung der Muskulatur. Alles andere macht keinen Sinn bzw. wird keinen nachhaltigen Erfolg haben.

Die Balance der Muskelgruppen wieder herzustellen, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer besseren Körperhaltung und zur Vorbeugung von Haltungsschäden.

Kinder-Yoga kann dazu beitragen, dass dein Kind eine bessere Körperhaltung bekommt und beugt so möglichen Haltungsproblemen vor oder hilft sie zu korrigieren.

Beim Yoga geht es auch viel um Wahrnehmung und darum, einfach mal reinzuspüren … wie weit komme ich in dieser Position, wo spüre ich Widerstand, fühlen sich die Seiten unterschiedlich an usw.

Auch hier passiert das meiste wieder spielerisch, sodass die Kinder viel lieber mitmachen und auch weitermachen wollen. Die Übungen können helfen die Rückenmuskulatur aufzubauen, einem Rundrücken vorzubeugen und die Wirbelsäule zu stabilisieren, da fast immer die Mitte gestärkt wird.

Ein kindgerechter Schreibtisch und Stuhl in der richtigen Höhe fördern eine gesunde Körperhaltung und beugen Rückenschmerzen vor. Leider wird das in den wenigsten Schulen umgesetzt und dort verbringen die Kinder die meiste Zeit. Natürlich ist es zu Hause auch wichtig, aber ich finde, dass man für nachhaltige Veränderungen eher bei den Schulen ansetzen sollte. In Schulen sollte es eine Auswahl an verschiedenen Sitzmöglichkeiten geben, sodass die Kinder immer mal wieder wechseln können.

“Die beste Sitzposition ist immer die nächste.”

Es ist wichtig, regelmäßige Pausen einzulegen, um zu entspannen und die Wirbelsäule zu entlasten. Auch das ist in Schulen leider überhaupt nicht möglich. Dabei sind nicht alle Kinder gleich und einige brauchen regelmäßig Pausen oder auch ein Mittagsschläfchen. Oh wie hätte ich das in der Schule geliebt als kleine Projektorin.

Auch beim Schulranzen/ Schultasche kannst du darauf achten, dass er optimal an den Rücken deines Kindes angepasst ist. Eine gute Beratung und Ausprobieren beim Kauf ist da Gold wert. Was manche Kinder tagtäglich durch die Gegend schleppen müssen, ist echt nicht feierlich. Hier in Norwegen müssen die Kinder keine Bücher durch die Gegend schleppen, sondern alle Bücher gibt es in zweimaliger Ausführung - zu Hause und in der Schule.

Ich empfehle besonders Sportarten, die eine gute Körperspannung erfordern, wie beispielsweise Kampfsportarten oder Klettern. Aber auch Tanzen, Reiten, Inlineskating, eine Slackline im Garten oder Yoga können dazu beitragen, dass dein Kind eine bessere Haltung bekommt. Wie weiter oben schon erwähnt, ist für mich der Motorikpark das optimale Trainingspflaster. Wenn du keinen in der Nähe hast, dann tun es auch Spielplätze mit vielen wackeligen Elementen, wie Brücken oder Netzen.

Abraten würde ich von einseitigen Sportarten, wie z.B. Tennis, da das zur Dysbalance beiträgt. Und wir sprechen da nicht von 1x im Monat, sondern wenn es 2-3x in der Woche stundenlang spielt.

Du bist das Vorbild für dein Kind - dein Kind macht alles nach, was du machst. Leg also öfter mal das Handy zur Seite und tue etwas für dich. Motiviere dein Kind zu Bewegung und mache selbst auch mit.

Biete beim Fernsehen oder Spielen auch mal andere Sitzmöglichkeiten oder Position an, um ein bisschen Variation in den Alltag zu bringen.

• Mein Kind hat eine Lernschwäche
• W-Sitz - normal oder bedenklich?
• Zehenspitzengang bei Kindern - ab wann ist es nicht mehr "normal"?
• Das Loch im Bauch - wie es unsere Jugend schwächt